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Wie HR Teil der strategischen Schaltzentrale wird

Wie HR Teil der strategischen Schaltzentrale wird

Von Marco Nink, Jenny Sudul und Henning Peleikis

In vielen Unternehmen wird der Personalbereich noch immer primär als administrative Einheit wahrgenommen. Lässt sich das ändern?

Die „State of HR“-Studie, eine gemeinsame Untersuchung von DGFP und Gallup, für die 314 HR-Fach- und -Führungskräfte befragt wurden, ist dieser Frage nachgegangen.

Einerseits ist die Notwendigkeit einer strategisch ausgerichteten HR-Funktion unstrittig, andererseits wird der Beitrag des Personalbereichs zum Unternehmenserfolg nach wie vor häufig unterschätzt. Zwar geben 61 Prozent der Befragten an, dass HR in strategische Entscheidungen involviert ist, jedoch nehmen lediglich 17 Prozent wahr, dass der Beitrag von HR zum Unternehmenserfolg anerkannt wird. Diese Diskrepanz deutet darauf hin, dass HR in vielen Unternehmen noch immer primär als administrative Einheit wahrgenommen wird.

Auch die interne Wertschätzung von HR bleibt hinter den Erwartungen zurück: 54 Prozent der Personaler*innen empfinden, dass ihre Abteilung das gleiche Ansehen wie andere Abteilungen im Unternehmen genießt, 38 Prozent jedoch meinen, dass HR ein geringeres Ansehen zuteilwird. Besonders der Vertrieb (33 %), die Finanzabteilung (15 %) und Forschung und Entwicklung (14 %) sind höher angesehen. Die Frage lautet: Wie kann der HR-Bereich sein Standing verbessern?

Employee Lifecycle als strategisches Steuerelement

Ein zentrales Konzept für die Arbeit des HR-Bereichs ist der Employee Lifecycle, der den gesamten Lebenszyklus der Mitarbeitenden im Unternehmen von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Austritt umfasst. Er ermöglicht eine strategische Betrachtung, um mithilfe von People Analytics die Verbindung zwischen Belegschaft und Unternehmenserfolg anhand von Kennzahlen aufzuzeigen und die von HR geleistete Arbeit sichtbarer zu machen. Besonders im Kontext des Arbeits- und Fachkräftemangels, demografischer Veränderungen und steigender Wechselbereitschaft kommt der Personalgewinnung eine hohe Bedeutung zu. 35 Prozent der Unternehmen konzentrieren sich laut „State of HR“-Studie darauf, 31 Prozent identifizieren die Personalgewinnung als die größte Herausforderung.

Während 21 Prozent der HR-Fach- und -Führungskräfte emotionale Bindung als eine der größten Herausforderungen sehen, legen nur zwölf Prozent der Unternehmen aktiv ihren Fokus darauf. Dies ist problematisch, denn eine stärkere emotionale Bindung würde die Fluktuation senken und die Kosten der Personalgewinnung reduzieren. So beabsichtigen, wie aus dem Gallup Engagement Index 2024 hervorgeht, 71 Prozent der emotional hoch gebundenen Mitarbeitenden in Deutschland, in einem Jahr noch bei ihrem jetzigen Arbeitgeber zu sein (geringe emotionale Bindung: 51 %; keine emotionale Bindung: 27 %). Allerdings erleben nur neun Prozent der Beschäftigten ein durch gute Führung geprägtes Arbeitsumfeld, das zu einer hohen emotionalen Bindung führt.

Unternehmen sollten bereits einen Schritt früher starten — beim Onboarding. Hat die Personalabteilung nach langer Suche neue Mitarbeitende gefunden, scheint es nur bedingt zu gelingen, diese reibungslos auf die Aufgabe vorzubereiten und ins Team zu integrieren. Die Daten zeigen, dass vier von zehn Beschäftigten mit weniger als zwölf Monaten Betriebszugehörigkeit schon wieder offen für Neues sind. Elf Prozent suchen aktiv einen neuen Job, weitere 30 Prozent schauen sich um (Gallup Engagement Index 2024). Nur 22 Prozent der Neueinsteiger*innen (bis zu zwölf Monaten Betriebszugehörigkeit) sind mit ihrem Onboarding äußerst zufrieden (Gallup Engagement Index 2023). Lediglich zehn Prozent der befragten HRler*innen sehen laut „State of HR“-Studie Onboarding als aktuellen Schwerpunkt ihres Unternehmens, während fünf Prozent es als Herausforderung betrachten.

Ein weiteres relevantes Handlungsfeld ist das Performance-Management, das von 18 Prozent der Befragten als Herausforderung wahrgenommen wird, während 20 Prozent sich darauf konzentrieren. Die Art und Weise, wie Leistung bewertet und gesteuert wird, sehen die HRler*innen kritisch: Nur vier Prozent sind mit dem Performance-Management ihres Unternehmens äußerst zufrieden. Dabei ist ein funktionierendes Performance-Management essenziell — nicht nur für die Entwicklung der Mitarbeitenden, sondern auch für den Unternehmenserfolg.

Während zwölf Prozent der Befragten Entwicklung als Priorität setzen, sehen 14 Prozent sie als Herausforderung. Laut HR-Fach- und -Führungskräften ist dies der zweitwichtigste Trend, dennoch erleben nur 14 Prozent der Arbeitnehmenden in Deutschland eine optimale Lernkultur (Gallup Engagement Index 2024).

Mit einem Fokus auf den Employee Lifecycle besteht für den HR-Bereich eine große Chance, seinen Beitrag zum Unternehmenserfolg zu verdeutlichen. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um den Herausforderungen der modernen Arbeitswelt entgegenzutreten: Unternehmen müssen schneller, flexibler und anpassungsfähiger werden.

Agilität Fehlanzeige

Agilität ist ein Schlagwort, das seit Jahren kursiert, aber im HR-Bereich ist davon wenig zu spüren. Gallup versteht unter Agilität sowohl die Verfügbarkeit der richtigen Arbeitsmittel und Prozesse als auch die richtige Einstellung im Unternehmen, um schnell auf geschäftliche Anforderungen reagieren zu können. Nur sechs Prozent der befragten Personaler*innen nehmen ihr Unternehmen als agil wahr. Das ist ein alarmierender Wert, denn gerade HR sollte die Flexibilität und Veränderungsfähigkeit eines Unternehmens mitgestalten, indem es agiles Denken und Handeln fördert und verankert — nicht im Alleingang, aber als Leitfigur. Die Studie identifiziert drei Barrieren aus der Perspektive der HRler*innen:

  • Entscheidungsprozesse: Nur neun Prozent sind mit der Geschwindigkeit der Entscheidungsfindung in ihrem Unternehmen zufrieden.
  • Silodenken: Nur zehn Prozent der HR- Fach- und -Führungskräfte sind mit der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit zufrieden.
  • Komplexität: Nur neun Prozent finden, dass bei ihnen im Unternehmen immer nach dem effizientesten Weg gesucht wird.

Diese strukturellen Probleme führen dazu, dass HR oft als reagierende Instanz fungiert, statt aktiv gestaltend einzugreifen. Doch in einer immer dynamischeren Arbeitswelt kann sich das kein Unternehmen leisten. Um diesen Herausforderungen effektiv zu begegnen, empfehlen wir fünf Handlungsschritte, die HR auf dem Weg zur strategischen Schaltzentrale unterstützen können:

  • Beitrag von HR systematisch quantifizieren: HR muss seinen Beitrag zum Unternehmenserfolg systematisch quantifizieren, um seine Relevanz zu untermauern. Dabei ist die enge Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung zentral.
  • Agiler durch Kundenorientierung im Inneren: Bürokratische Hürden sind abzubauen und Entscheidungswege zu vereinfachen. Interdisziplinäre Zusammenarbeit muss gefördert werden, um Silodenken aufzubrechen.
  • Verbesserung der Führungsqualität in HR: Unternehmen müssen gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Mitarbeiterbindung implementieren. Dazu gehören unter anderem das Schulen und Coachen von Führungskräften, damit diese die emotionalen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden am Arbeitsplatz besser adressieren.
  • Lern- und Entwicklungskultur ausbauen: Investitionen in Re- und Upskilling und lebenslanges Lernen müssen verstärkt werden. HR geht als Vorbild voran und reflektiert kontinuierlich über die eigene Entwicklung.
  • Feedback und Performance als zentrale Hebel: Kontinuierliches Feedback ist als fester Bestandteil der Unternehmenskultur zu verankern. Persönliche Entwicklung und Karriereschritte müssen gezielt steuerbar werden.

Unternehmen, die es schaffen, HR als Treiber für Unternehmenskultur, Mitarbeiter-bindung und Performance zu etablieren, werden langfristig erfolgreicher sein. Doch dafür muss der Wandel von innen heraus beginnen. HR hat das Potenzial, einer der zentralen Erfolgsfaktoren eines Unternehmens zu sein. Es ist an der Zeit, dieses Potenzial endlich zu nutzen.

Laden Sie den Bericht „State of HR“ in Deutschland herunter (PDF-Download).

Author(s)

Marco Nink ist Director of Research and Analytics, EMEA, bei Gallup.

Jenny Sudul ist Senior Workplace Advisory Consultant bei Gallup.

Henning Peleikis ist Senior Workplace Advisory Consultant bei Gallup.


Gallup https://www.gallup.com/de/692840/wandel-mitgestalten-teil-strategischen-schaltzentrale-wird.aspx
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